Current: Gefährliche Wissenslücken bei Nahrungsergänzungsmitteln
Gefährliche Wissenslücken bei Nahrungsergänzungsmitteln
Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher unterschätzt Risiken
Wer wahllos Nahrungsergänzungsmittel – insbesondere von zweifelhafter Herkunft – einnimmt, kann seine Gesundheit gefährden.
SeventyFour / iStock
Eine aktuelle Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) zeigt alarmierende Wissenslücken beim Thema Nahrungsergänzungsmittel. Trotz der weitverbreiteten Einnahme fühlen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher schlecht über mögliche Gesundheitsrisiken informiert. Der Verband fordert deshalb strengere Regeln für die Sicherheit dieser Produkte.
Mehr Sicherheit gefordert: Mehrheit wünschen Zulassungsverfahren
Laut der repräsentativen Befragung wünschen sich 95 Prozent der befragten Personen, dass Nahrungsergänzungsmittel auf ihre Sicherheit geprüft werden, bevor sie in den Verkauf gelangen. Derzeit gibt es jedoch kein verpflichtendes Zulassungsverfahren für diese Produkte, was potenzielle Gesundheitsrisiken birgt.
Sabrina Göddertz, Referentin im Team Lebensmittel des vzbv, fordert daher ein Umdenken auf EU-Ebene: „Der europäische Gesetzgeber muss dringend handeln. Eine Höchstmengenregelung für Vitamine und Mineralstoffe ist längst überfällig, um Verbraucher:innen zu schützen.“
Fehlende Kontrollen und hohe Dosierungen gefährden die Gesundheit
Wie die Umfrage zeigt, haben 54 Prozent der Befragten in den letzten sechs Monaten Nahrungsergänzungsmittel gekauft. Dennoch fühlen sich mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Verbraucherinnen und Verbraucher schlecht über deren Gesundheitsrisiken informiert. Besonders im Onlinehandel – aber auch im Direktvertrieb – werden oft Produkte mit extrem hohen Dosierungen verkauft, die den Tagesbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen um ein Vielfaches überschreiten. Dies kann insbesondere für Kinder gefährlich werden.
Der vzbv fordert deshalb gesetzlich festgelegte Höchstmengen, die sich nach dem Alter und den individuellen Bedürfnissen der Verbrauchenden richten.
Werbung durch Influencer:innen: Eine rechtliche Grauzone
Ein weiteres Problem ist die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel in sozialen Medien. Laut der Umfrage sind 95 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher dafür, dass Gesundheitsversprechen nur dann gemacht werden dürfen, wenn sie wissenschaftlich belegt sind. Doch vor allem auf Plattformen wie Instagram und TikTok werben Influencerinnen und Influencer häufig mit persönlichen Erfahrungsberichten für die vermeintliche Wirkung bestimmter Produkte – oft ohne ausreichende Belege.
Sabrina Göddertz warnt: „Wenn Influencer:innen behaupten, bestimmte Mittel hätten bei gesundheitlichen Problemen geholfen, kann das Verbraucher:innen dazu verleiten, ärztlichen Rat zu ignorieren. Das birgt erhebliche Risiken.“
Fazit: Klare Regeln sind überfällig
Der vzbv fordert ein verbindliches Zulassungsverfahren für Nahrungsergänzungsmittel sowie strengere Vorschriften für die Dosierung von Vitaminen und Mineralstoffen. Zudem müsse die Werbung durch Influencerinnen und Influencer stärker reguliert werden, um Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor irreführenden Gesundheitsversprechen zu schützen.
Info
Die repräsentative Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des vzbv durchgeführt. Befragt wurden 1.001 Personen ab 18 Jahren in Deutschland im Zeitraum vom 21. bis 31. Oktober 2024. Der vzbv ist die Dachorganisation der 16 auf Länderebene organisierten Verbraucherzentralen und weiterer verbraucherpolitischer Verbände.
Wichtig: Seriöse Anbieter
Da eine Vielzahl an Produkten und Unternehmen auf dem großen Markt der Nahrungsergänzungsmittel präsent sind, ist es wichtig, auf seriöse Anbieter zu achten. Für Arzneimittel hat die Europäischen Kommission Grundsätze und Leitlinie formuliert, die als Gute Herstellungspraxis (Englisch: „Good Manufacturing Practice“, kurz: GMP) gleichbleibende Qualitätsstandards bei der Produktion von Arzneimitteln oder Wirkstoffen sicherstellt. Namhafte Unternehmen wenden auch für Nahrungsergänzungsmittel ein Qualitätsmanagement (QM) an, das der GMP für Arzneimittel entspricht. Damit wollen sie dafür sorgen, dass ihre Nahrungsergänzungsmittel ebenfalls eine gute und gleichbleibende Qualität haben sowie sicher sind.
Ob der Herstellungsprozess sichere und qualitativ hochwertige Produkte gemäß den gesetzlichen Anforderungen ergibt, zeigt das Zertifikat IFS Food (International Featured Standards Food).
Ein weiteres Merkmal für ein sicheres Nahrungsergänzungsmittel ist das GBA-Qualitätssiegel. Jede Charge der entsprechenden Produkte wird im unabhängigen Labor der GBA Group analysiert. Dabei werden Präparate auf Schwermetalle und Mikroorganismen, Präparate mit pflanzlichen Inhaltsstoffen zusätzlich auf über 600 Pestizide untersucht.
Auch eine Herstellung in Deutschland ist vorteilhaft. Denn deutsche Vorschriften sind in vielen Fällen strenger als europäische. Hier bietet die sogenannte Produkthaftpflicht, bei der der Hersteller für durch ein Produkt verursachte Schäden aufkommen muss, ein Mindestmaß an Sicherheit. Zudem können Präparate aus dem Ausland Inhaltsstoffe enthalten, die in Deutschland nicht oder nur in geringerer Dosierung zugelassen sind.